Die Kurier-, Express- und Paketunternehmen (KEP) sorgen für Arbeit und Einkommen in Deutschland: Rund 258.000 Menschen sind aktuell in der KEP-Branche beschäftigt. Ob Zustellerinnen und Zusteller, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Depots und Verteilzentren oder hoch qualifizierte IT-Fachkräfte, Technikerinnen und Techniker – die Unternehmen bieten eine große Vielfalt an Arbeitsplätzen für Menschen mit den unterschiedlichsten Qualifikationen. Das anhaltende Wachstum lässt auch für die kommenden Jahre einen erhöhten Bedarf an geeigneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwarten.
Faire Arbeitsbedingungen, die Sicherung hoher Sozialstandards und ein gutes Arbeitsumfeld sind zentrale Faktoren für unsere Mitgliedsunternehmen. Verstöße gegen Rechtsnormen, insbesondere Arbeits-, Sozial- und Steuervorschriften, werden nicht toleriert. Professionelle unternehmerische Strukturen sehen wir als eine wesentliche Voraussetzung für die nachhaltige Branchenentwicklung und für langfristig erfolgreiche Dienstleistungen.
Zur Sicherstellung transparenter Arbeitsbedingungen bei Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern haben wir im vergangenen Jahr ein neues Präqualifizierungsverfahren eingeführt. Transportunternehmen, die im Auftrag der Paketdienste arbeiten, können nun ein rechtssicheres Prüfsiegel von der etablierten Präqualifizierungsstelle Zertifizierung Bau GmbH erhalten. Das bereits in der Baubranche etablierte Verfahren ermöglicht eine über reine Haftungsfragen hinausgehende Prüfung der Vertragspartnerinnen und Vertragspartner. So wird sichergestellt, dass sie ihren unternehmerischen Pflichten insbesondere mit Blick auf die Vergütung ihrer Erfüllungsgehilfinnen und Erfüllungsgehilfen nachkommen. Sie haben damit die Möglichkeit zu belegen, dass sie hierbei die gesetzlichen und von den Paketdiensten vorausgesetzten Sozial- und Arbeitsstandards erfüllen. Zahlreiche Partnerinnen und Partner unserer Mitgliedsunternehmen nutzen dieses Angebot bereits.
Um gute Arbeitsbedingungen zu sichern und dabei Missstände zu beseitigen, halten wir die Zusammenarbeit mit dem Zoll, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und dem Bundesministerium der Finanzen für essenziell. Diese wollen wir in Zukunft noch weiter intensivieren. Damit die Paketbranche auch in Zukunft ein Jobmotor bleiben kann, besteht in folgenden Bereichen bundespolitischer Handlungsbedarf:
1. Fachkräftemangel entgegenwirken
Für die KEP-Unternehmen wird es immer schwieriger, den zunehmenden Bedarf vor allem an geeigneten Zustellerinnen und Zustellern zu decken. Der demografische Wandel und die geringe Arbeitslosenquote sind zwei Faktoren, die die Lage erschweren. Eine besondere Herausforderung stellen vor allem Gebiete dar, in denen nahezu Vollbeschäftigung herrscht. Die Politik ist aufgefordert, in ihrem Rahmen die Weichen so zu stellen, dass unser Wirtschaftszweig nicht durch Personalengpässe ausgebremst wird. Voraussetzung für faire Löhne und somit die Attraktivität des Zustellerberufs sind faire Wettbewerbsbedingungen im Paketmarkt. Gleichzeitig steigert die Verbesserung der Infrastruktur die Attraktivität des Berufs: Dazu gehören u. a. der Ausbau und die Instandhaltung des Straßennetzes und die Schaffung von dringend benötigten Ladezonen zur körperlichen und psychischen Entlastung der Zustellerinnen und Zusteller.
2. Unternehmen bei Lenk- und Ruhezeiten gleich behandeln
Unsere Mitgliedsunternehmen und ihre Vertragspartnerinnen und Vertragspartner dokumentieren die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrerinnen und Fahrer auch im Nahverkehr. Die Ausnahmen in der Fahrpersonalverordnung, die nur für die Erbringung von Universaldienstleistungen gelten, müssen auf alle Postdienstleistungen ausgeweitet werden. Die Nettofahrzeit in der Auslieferung macht im Unterschied zur klassischen Transportlogistik bei allen Paketzustellerinnen und Paketzustellern den geringeren Teil der Arbeitszeit aus, egal welche Sendungen sie transportieren. Die Ausnahme, die nur für die Deutsche Post gilt, führt in der Praxis zu Wettbewerbsverzerrungen durch die Ungleichbehandlung identischer Tätigkeiten. Dies widerspricht dem Ziel der Fahrpersonalverordnung, Wettbewerbsgleichheit herzustellen.
3. Moderne Arbeitsmodelle ermöglichen
Die KEP-Unternehmen passen sich den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt an und gehen auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Die Digitalisierung verändert dabei die Berufsbilder in der Logistik zunehmend und unterstützt die Wertschöpfung auch aus einfachen Tätigkeiten. Auch in Zukunft wollen sie mit den digitalen Trends gehen und den Wünschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach modernen Arbeitsmodellen entgegenkommen. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen ist auch Aufgabe der Bundesregierung.
Unter der Maßgabe, dass die tägliche und wöchentliche Arbeitszeit die Zeiten in einem Regelarbeitsverhältnis nicht übersteigen, ist das Arbeitszeitgesetz weiterzuentwickeln: Beschäftigte müssen ihre Erwerbstätigkeitszeiten flexibel planen können, auch wenn zwischen zwei Arbeitseinsätzen keine Unterbrechung von elf Stunden besteht.
Berufliche Qualifikationen, wie die Berufskraftfahrerqualifikation und ähnliche Sachkundenachweise, müssen online erworben bzw. erneuert werden können. Dafür muss ein verlässliches digitales Identifikationsverfahren entwickelt werden.
Sicherheitsrelevante Überprüfungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern für Beschäftigungsverhältnisse in der sicheren Lieferkette müssen zweckdienlich und effizient gestaltet werden, um die Anstellung zu vereinfachen. Wartezeiten sind bei der Gewinnung von Arbeitskräften besonders hinderlich: Sie führen zu betriebsbeeinträchtigenden Engpässen bei der Anwerbung für Unternehmen mit hohem Arbeitskräftebedarf oder verhindern sogar, dass Arbeitsverhältnisse überhaupt zustande kommen.
4. Sonn- und Feiertagsfahrverbote harmonisieren
Die sehr uneinheitlichen Fahrverbotsregelungen in Deutschland müssen modernisiert werden. Die gegenwärtige Feiertagsfahrverbotsregelung ist unnötig weitgehend, wirtschaftlich belastend und mit sozialpolitisch unangemessenen Folgen verbunden. Die Regelung unterbricht die Feiertagsruhe, mit der Folge, dass die Freizeit der Fahrerinnen und Fahrer unnötig verkürzt wird. Für eine Harmonisierung bietet sich die seit Jahrzehnten etablierte Regelung der „Ferienreiseverordnung“ an. Danach würde einheitlich an Sonntagen, an bundeseinheitlichen und an bundesuneinheitlichen Feiertagen ein Fahrverbot zwischen 7.00 und 20.00 Uhr eingeführt werden. Dieser Aspekt könnte in einem Wirtschaftsverkehrsgesetz geregelt werden.